Die Entwicklung der Sprachkompetenz ist eine wesentliche Voraussetzung um mit der Umgebung in Kontakt zu kommen und erfolgreich am alltäglichen Miteinander teilzuhaben. Durch die spielzeugfreie Umgebung sind die Kinder wesentlich stärker aufeinander angewiesen, dies trägt dazu bei, dass sie die Fähigkeit miteinander zu kommunizieren stetig ausbauen. Schon auf dem Weg nützen die Kinder die Gelegenheit wichtige Neuigkeiten, Erlebnisse aus der Familie oder Vorhaben für den Tag mitzuteilen. Dabei lässt sich auch der Zusammenhang von Bewegung und Sprechfreude deutlich erkennen, Sprechhemmungen oder Sprachauffälligkeiten sind bei solchen Gesprächen oft geringer.
Die Entdeckungen in der Natur regen die Kinder an zum Nachfragen, Philosophieren und Weiterspinnen von Geschichten. So erweitern sich der Wortschatz und die Fähigkeit sich differenziert auszudrücken spielerisch im Alltag. Im sprachintensiven Rollenspiel setzen sie ihre Fähigkeiten dann gezielt ein, um mit anderen gemeinsam zu agieren, Ideen auszutauschen, Verhandlungen zu führen, Konflikte zu beheben, Vorgehensweisen zu diskutieren und ihre Phantasiewelt ausführlich zu beschreiben.
Selbstverständlich finden Lieder, Reime, Gedichte, Fingerspiele, alte Kinderspiele, Abzählreime, Quatschsprache, Laut- und Sprachspiele, Erzählungen, gespielte Geschichten und andere sprachliche Angebote auch draußen im Wald statt. Besonders Märchen und Naturmythologien, die ja über Jahrhunderte nur mündlich überliefert wurden, erhalten im Wald, an einem besonders märchenhaften Platz erzählt, ihre ganz intensive Bedeutung. Gerne spielen die Kinder Erzählungen nach, sie sind entweder selbst die Darsteller oder bauen sich aus den Naturmaterialien die Kulisse und die Spielfiguren.
Durch mitgeführte Bücher und andere Materialien wird den Kindern ermöglicht, auch mit Buchstaben, Schrift und der geschriebenen Sprache täglich in Kontakt zu kommen. Wechselnde Bilderbücher, Lexika oder Sachbücher sind jederzeit zum Ansehen oder Vorlesen lassen zur Verfügung.
Auch draußen ist es möglich Schriftzeichen zu entdecken oder zu hinterlassen. Ob mit Kreide auf einer Tafel, Bäume oder Steine, ob Buchstaben geschrieben, gebastelt oder aus Schnee geformt, mit Seilen oder Stöcken gelegt um darauf zu gehen, mit dem Körper geturnt, auf vielerlei Arten kann Schrift in der Natur vermittelt werden. Aber auch Papier und verschiedene Schreibgeräte stehen den Kindern zur Verfügung, um etwas aufzuzeichnen oder aufzuschreiben. Projekte wie z.B. ein Geschichtenbuch, Entdeckerbuch oder Wetterdokumentation sind wichtige Schreibanlässe für Kinder, die sich aus ihrem Lebensumfeld ergeben. Ebenso können Besuche im Theater oder in einer Bücherei zusätzliche Anregungen bieten.
Da in den meisten Waldkindergärten der Anteil an mehrsprachig aufwachsenden Kindern bis jetzt sehr gering ist, liegt hier der Schwerpunkt eher im Entdecken von Anderssprachigkeit durch einfache Materialien, Lieder oder Erfahrungen aus dem Urlaub. Auch der bewusste Wechsel zwischen Dialekt und Hochsprache, Lieder und Geschichten in Mundart dienen dem genauen Hinhören und befähigen die Kinder selbst auch die Sprache zu variieren.
Zweisprachige Erziehung in Deutsch und Englisch
Es ist geplant, sofern es die finanziellen Mittel zulassen und entsprechende Kollege/in gefunden wird, neben deutschsprachigen Kräften eine englischsprachige (native speaker) Kollegen/in anzustellen. Dabei setzen wir auf Immersion, was sinngemäß „Sprachbad“ bedeutet. Jede Pädagogin kommuniziert deshalb mit den Kidern ausschließlich in ihrer Muttersprache. Bei Immersion ist die Zeit wichtig, die die fremdsprachige Kollegin mit den Kinder verbringt. Dieser native speaker sollte aus diesem Grund während der ganzen Öffnungszeit und täglich anwesend sein.
Die englische Sprache wird ohne Druck im ganz normalen Tagesablauf vermittelt. Dabei arbeiten wir nach dem Prinzip „eine Person = eine Sprache“. Den Kindern erschließt sich die zweite Sprache ganz einfach aus dem Kontext heraus. Dabei wird Wert gelegt auf größtmögliche Anschaulichkeit und auf das Einbeziehen aller Sinne. Das gesprochene Wort unterstützt die englische Kollegin mit Gesten und Zeigen. Sie kommentiert und begleitet die Handlungen der Kinder in ihrer Sprache, so wie wir das alle tun, wenn ein kleines Kind seine ersten Sprechversuche macht. Die Sprache selbst ist nicht als Thema, sondern lediglich als Werkzeug zu verstehen. Der native speaker übernimmt deshalb genauso wie die deutschen Kollegen, mit den Kindern Kreisspiele zu spielen, zu singen, Bilderbücher zu betrachten und Projekte zu begleiten. Erfahrungen zeigen, daß bereits nach 6 Wochen der Umgang mit zwei Sprachen für die Kinder kein Problem mehr darstellt.
Vorkenntnisse in Englisch sind bei Eintritt in den Kindergarten nicht erforderlich. Genauso wenig müssen die Eltern mit ihren Kindern die neue Sprache üben. Dies ist nach dem Grundsatz „eine Person = eine Sprache“ sogar von Nachteil.
Vorschulkinder erlernen die zweite Sprache genauso spontan und unbekümmert wie ihre Muttersprache. Je jünger ein Kind, desto selbstverständlicher und einfacher gelingt ihm das Lernen. Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, Frühvermittlung einer zweiten Sprache regt das geistige Denkvermögen im Allgemeinen und die Kommunikationsfähigkeit der Kinder im Besonderen an. Die Kinder werden dabei nicht überfordert, sondern optimal in ihrer sprachsensiblen Phase gefördert. Das Erlernen einer zweiten Sprache unterstützt unsere Bemühungen, die Kinder interkulturell zu erziehen. Die Akzeptanz anderssprachiger Menschen und anderer Kulturen wird aktiv gelebt und stärkt somit das Selbstgefühl eine jeden zweisprachig aufwachsenden Kindes.